II. Konsequenzen der griechischen Klassik für Wissenschaft und Philosophie
III. Ableitbare Prinzipien bezüglich Wissen und Wahrheit
Das wissenschaftliche Forschen und Ordnen des Aristoteles (384-322, u.a. Logik, Physik, Biologie, Wissenschaftstheorie) war der eigentliche Beginn der systematischen, theoretischen und praktischen Wissenschaft.
Als Siebzehnjähriger zog Aristoteles von seinem Heimatsort im nordöstlichen Griechenland nach Athen, wo er zuerst Schüler und im Anschluss Unterrichter und Forscher an der platonischen Akademie war. Mit 37 Jahren, im Anschluss an Platons Tod, verliess er Athen. Mit 49 Jahren kehrte er wieder zurück und gründete eine eigene Schule. Aufgrund politischer Spannungen und einer drohenden Anklage verliess Aristoteles mit 61 Jahren Athen endgültig. Er wollte den Athenern, die schon Sokrates zum Tode verurteilt hatten, angeblich kein zweites Mal die Chance geben, sich gegen die Philosophie zu vergehen.
Aristoteles durchforschte die gesamte Realität, aufbauend auf der gedanklichen Vorarbeit der griechischen Philosophen. Er sammelte und erforschte, analysierte, stellte Regelmässigkeiten und Regeln fest und kategorisierte alles was ihm zugänglich war, mehr oder minder 'alles was existiert':
Die Fülle des Materials, das Aristoteles sammelte und analysierte (er untersuchte z.B. über 500 biologische Arten oder die 158 Verfassungen der griechischen Stadtstaaten), lässt darauf schließen, dass er über Mitarbeiter verfügte, die auch außerhalb von Athen recherchierten.
Wissenschaft als Teamwork, Gregorio Guglielmi, 1755
Akademie der Wissenschaften, Wien
Aufbauend auf dem sokratischen Prinzip und den Vorleistungen seines Lehrers Platon begründete Aristoteles u.a. die Regeln der Logik als wichtige Voraussetzung für Wahrheitsfindung.
Syllogismus - Kern aristotelischer Logik
Alle Menschen sind sterblich - alle Griechen sind Menschen
also: alle Griechen sind sterblich.
Aristoteles prüfte während Jahrzehnten die verschiedenen Aspekte der Realität. Es galt Widersprüche bestmöglich auszuschliessen und die Realität höchst wahrheitsnah zu beschreiben. Dem entsprechend blieben seine Schriften 1800 Jahre lang nahezu unwiderlegt.
Physik (altgr. φύσις phýsis = Natur) analysierte und beschrieb Aristoteles vorwiegend theoretisch und philosophisch, mittels bestmöglichem Durchdenken. Er gelangte nicht zur Idee des Experimentierens mit den Bewegungen von Körpern und einem mathematischen Analysieren und Überprüfen. Dies setzte erst 1900 Jahre später ein.
Aristoteles' Untersuchungen liessen ihn in diversen Bereichen stark von Platons Lehren und Überzeugungen abweichen: "Platon ist mir lieb, aber noch lieber ist mir die Wahrheit." So argumentierte er u.a. gegen Platons Ideenlehre, die er als unnötige Verdoppelung der Gegenstände in der Welt betrachtete.
Die biologische Evolution war für Sokrates nicht erkennbar, und zu Genetik, Metabolismus und Kosmologie fehlte ihm jeglicher theoretischer und vor allem auch technologischer Zugang. Unter bestmöglicher Anwendung seines logischen, ganzheitlichen Denkens gelangte er bezüglich des Aufbaus des Kosmos und der Herkunft und des Funktionierens von Lebewesen zu metaphysischen Schlussfolgerungen:
Auch für Aristoteles galt das Problem innerhalb des sokratischen Prinzips: wie anders könnte es sein - also muss es so sein.
Abbildungsvariante der umfassenden aristotelischen Denkordnung:
Einteilung der Wissenschaft bei Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. (nach Otfried Höffe) |
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de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles#Einteilung_der_Wissenschaften
Alles was ist
erforschen und ordnen
bis ins Detail
Aristoteles' grundlegende Vorarbeit für die Wissenschaft
Nach Aristoteles' Tod dauerte es keine 50 Jahre, bis eine sehr lange andauernde Ordnung entstand:
Sokrates hatte die Grundregel der sorgfältigen, umfassenden Wahrheitsprüfung vorgegeben, Aristoteles hatte alles bekannt Existierende analysiert und geordnet sowie mit der Logik klare Regeln für fehlerloses Denken etabliert.
Nach dem Tod von Aristoteles setzte keineswegs Inaktivität ein - zu bedeutungsvoll und bekannt war das Wirken seines Forschens und Ordnens.
Bekannt waren schon in der Antike
• die Anziehungskraft von Bernstein (um 550, Thales von Milet)
• die Tatsache der Fallbeschleunigung (Straton von Lampsakos, 340-268)
• das heliozentrische Weltbild des
Aristarch von Samos (310-230)
Während 1800 Jahren entstand offensichtlich keine Anregung, mit Experimenten Physikalisches zu prüfen und zu analysieren. Auch die vorherrschende Meinung bezüglich der geozentrischen kosmologischen Ordnung stellten im Anschluss an Aristarch nur wenige in Frage, z.B. Martianus Capella im 5. Jhd.
Äusserer Einfluss: Beim Alexanderfeldzug stiessen die Griechen um 325 v.u.Z. auf hinduistische Asketen, deren Philosophie mit hohem Interesse genau studiert wurde. Einer der Asketen (Kalanos) begleitete den Feldzug während mehreren Jahren. Vermutlich hat das Kennenlernen einer gelebten, strengen Askese sowie die dazu gehörende Philosophie (Weisheit) das griechische Denken erweitert und sowohl den Skeptizismus als auch die Stoa und den Epikureismus mitgeprägt. So war z.B. Pyrrhon von Elis, der spätere Begründer des Skeptizismus, Teilnehmer am Alexanderfeldzug.
Der sokratische Ansatz der Wissensprüfung war zum philosophischen Standard geworden. In Anbetracht, dass nach langer und präziser Prüfung zur damaligen Zeit nur sehr wenig Grundsätzliches sicher gewusst werden konnte, verblieb eine einzige strikt philosophische Denkrichtung.
Pyrrhon von Elis (362 - ca. 275) begründete diesen ganzheitlich durchdachten Skeptizismus (Skepsis, altgr. σκέψις, Betrachtung, Untersuchung, Prüfung).
Weil der menschliche Verstand damals auch bei noch so präzisem Durchdenken und Überprüfen Wesentliches nicht sicher wissen konnte, enthalte man sich in solchen Bereichen des Urteilens.
Die Bedeutung des Wortes Skepsis hat sich in der Zwischenzeit verschoben. Nicht Zweifel sondern Wahrheitsprüfung war das ursprüngliche Prinzip des antiken, philosophischen Skeptizismus.
Die philosophisch konsequente Schlussfolgerung lautet: um zu innerer Ruhe zu finden (ἀταραξία, ataraxía, Unerschütterlichkeit), ist bei Behauptungen, Beurteilungen und bezüglich des sich Einmischens Zurückhaltung angebracht. Die Skeptiker betrachten ihre erreichte Unbeirrtheit als realistisch, dies im Gegensatz zu spekulativer, scheinbarer Unbeirrtheit anderer philosophischer Schulen.
Begründeter Skeptizismus
Viel Grundsätzliches können wir
nicht mit Sicherheit wissen.
Wir wissen,
nach gründlichem Prüfen
was wir nicht wissen können.
Zurückhaltung ist angebracht und weise.
Viel von unserem Wissen ist oberflächlich, unsere Aussagen und Prognosen sind unsicher.
Veranschaulichung:
Der normale Mensch denkt: "Ich will sicher sein und wissen können, dass meine richtigen Entscheidungen zu einem guten und angenehmen Leben führen."
Der skeptische Philosoph stellt fest: "Mehrere Generationen lang wurde dies von uns überprüft und durchforscht. Das gehört in den Bereich, den man nicht wissen kann."
Der normale Mensch entgegnet: "Dann will ich zumindest daran glauben, an richtige Entscheidungen und ein gutes Leben."
Der skeptische Philosoph antwortet nicht, er schweigt, er hält sich zurück.
Weiss ich,
oder glaube ich zu wissen?
Vor 2300 Jahren erwies sich keine der Grundfragen des Lebens als beantwortbar:
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Einsicht bezüglich der tatsächlichen Grenzen des damaligen Wissenkönnens und Zurückhaltung waren die Konsequenz.
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Gegründet um 387 kam nach ca. 120 Jahren umfassenden und sorgfältigen Durchdenkens und Überprüfens auch die platonische Schule (Akademie) zur Schlussfolgerung, dass in wesentlichen Realitäts- und Lebensbereichen kein sicheres Wissen festgelegt werden kann. Konsequenterweise wurde auch sie um 268 zu einer skeptischen Schule.
Damit hatte 130 Jahre nach Sokrates' Tod die gesamte griechische Basisphilosophie übereinstimmend zu einer grundsätzlich realistischen Beurteilung des damaligen Wissens und Wissbaren gefunden.
Auch heute noch gilt:
Ein wahrer (philosophischer) Skeptiker ist kein oberflächlicher Zweifler sondern ein gründlicher Überprüfer.
Die moderne Wissenschaft ist eine direkte, wenn auch verzögerte Konsequenz des sokratischen Prinzips und der skeptischen Philosophie, und zwar nicht im neuzeitlichen Sinn des Zweifelns, sondern im ursprünglichen Sinn des Prüfens (u.a. Galilei, Experimente -> Kapitel 6).
3. Welches persönliche Verhalten führt zu innerer Harmonie und Wohlsein?
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Parallel zum Skeptizismus entstanden um 300 v.u.Z. zwei philosophische Lebensgestaltungsmodelle und Schulen.
Als philosophische Strömungen und Schulen konkurrierten sie mit dem Skeptizismus, konnten allerdings nicht zweifelsfrei überzeugen, dass ihre Annahmen wahr und damit realistisch (zielführend) umsetzbar wären.
Bei den Skeptikern entstand gegenüber diesen Schulen der Vorwurf der Dogmatisierung:
(altgr. δόγμα, dógma: Meinung, Lehrsatz; Beschluss, Verordnung)
Dogma
„Es ist so“...
(„...obwohl wir uns bei genauer Betrachtung nicht sicher sein können.“)
(= unsokratisch, Vorgabe vermeintlichen, nicht abschliessend geprüften Wissens)
Alle drei Lehren waren die Folge gründlichen philosophischen Durchdenkens und die Schlussfolgerungen beinhalteten jahrelange äussere Beobachtungen und Selbstbetrachtungen.
Die Lehren scheinen grundsätzliche Gegensätze zu beinhalten. Je nach Blickwinkel sind sie allerdings ergänzend.
Nicht alle Menschen können oder sollen sich um alles kümmern. Diese Betrachtung verwandelt den scheinbaren Gegensatz zwischen Skeptikern/Epikureern und Stoikern zu etwas sich Ergänzendem. Zurückhaltung bedeutet nicht, dass man sich nicht gedanklich mit Gesellschaft und Ethik auseinandersetzt und die Beobachtungen überprüft.
Für die heutige Wahrnehmung ist wesentlich, dass die zentralen Begriffe der damaligen philosophischen Strömungen (wie z.B. oben aufgezeigt der Begriff Skepsis = Überprüfung, ≠ Zweifel) über die Jahrhunderte verfälscht wurden.
Ähnlich wie der philosophischen Methode der Skepsis erging es den antiken Schlussfolgerungen bezüglich des Anzustrebenden.
Entgegen den heute gängigen Deutungen ging es in der griechischen Philosophie zentral weder um Glück oder Lebensglück noch um Glücklichsein oder Glückseligkeit im heutigen Sinne.
Die heute häufig verwendeten Zielformulierungen "Glückseligkeit" und "Seelenruhe" sind in Anbetracht der heutigen Verwendung der Begriffe "Glück" und "Seele" fraglich. Es ging den antiken Philosophen viel eher um eine unerschütterliche und demnach ruhige 'Psyche', um ein menschliches Dasein in einem gedanklich und empfindungsmässig sachlichen, gelassenen Grundzustand und um die entsprechende ausgeglichene Grundstimmung.
Asketischer Zenon und wohlgerundeter Epikur im Verständnis der Renaissance,
Abbildung von Raffael um 1510, Vatikan
Die drei antiken Schulen beinhalten zentrale Elemente, die nach jahrzehntelangem Überprüfen gefunden wurden.
Die Menschen unterlassen seit der Antike nahezu ausnahmslos den Hauptaspekt der damals geleisteten Arbeit: das gründliche Überprüfen und Ordnen des eigenen Denkens sowie parallel dazu die Selbstbeobachtung und das sorgfältige Überprüfen des Empfindens in unterschiedlichen Situationen und bei unterschiedlichen Handlungen.
Tatsächlich gibt es heute keine einzige Schule, die grundlegend und gründlich das Wissbare prüft. Erkenntnistheorie wird zwar studiert bzw. gelehrt. Daraus entsteht allerdings selten bis nie ein grundlegendes, individuelles, anhaltendes Prüfen inklusive konzentrierter, prinzipieller Selbstbeobachtung. Dementsprechend existiert heute trotz technischem und wissenschaftlichem Wissensfortschritt keine mit der Antike vergleichbare grundlegende, ganzheitliche, methodische Übereinstimmung.
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Mehr gab es in der Antike im Anschluss nicht zu philosophieren: neben Skeptizismus, Epikureismus und Stoa gab es damals grundsätzlich keine weitere mögliche, philosophische Denk- oder Lebensausrichtung.
ab 600 |
Beginn der antiken Philosophie |
ab ca. 440 |
Sokrates: Vorsicht mit vermeintlichem Wissen |
ab 400 |
Platon: grundlegendes Durchdenken, umfängliche Metaphysik (Ideenlehre) |
ab 350 |
Aristoteles: alles durchdenken, erforschen und ordnen; minimalisierte Metaphysik |
ab ca. 300 |
Skeptizismus, Stoa und Epikureismus: Achtsamkeit bezüglich des Wissbaren, Ausgeglichenheit, Genügsamkeit |
Im Anschluss |
∙ Nichts bemerkenswert Neues ∙ Rückfall in den (Neu-)Platonismus, ∙ Prägung der christlichen Theologie |
Das angeregte Philosophieren setzte sich zwar noch ca. 600 Jahre bis in die Spätantike fort. Dabei entstanden vor allem Kommentare zu den im 4. Jhd. v.u.Z. ermittelten philosophischen Prinzipien.
Die sachliche griechische (Denk)-Kultur war mit dem Alexanderfeldzug (334-324, Hellenismus) weit in den Osten getragen worden und prägte im Anschluss im Westen die römische Denkkultur sowie später das Christentum. Damit fand sie relativ rasch und nachhaltig eine Verbreitung vom Indus (östliches Pakistan) bis nach Nordengland.
Die metaphysischen Themen blieben nach Platon und Aristoteles als selbstverständlich bestehen und damit auch der Raum für Religiosität.
Philosophisch durchdachte Metaphysik:
Es gab damals für vieles keine physikalischen Antworten. Gleichzeitig war sowohl im griechischen als auch später im römischen Reich das philosophische Hinterfragen der eigenen Götterwelt tabu (Hinrichtungsgefahr). Religiosität blieb als fester kultureller Bestandteil bestehen.
Religiöse Metaphysik:
Mit der Ernennung des Christentums zur Staatsreligion des römischen Reiches (um 380) erreichte das abrahamitische, im Ansatz monotheistische Konzept der Liebe von der Spätantike an eine weite Verbreitung.
Dies bedeutete ein Fokussieren der bis dahin gelebten Religiosität:
Allerdings führte die Religion nicht zum erhofften, baldigen friedlichen Zusammensein der Menschen. Die Religion, die sich relativ rasch bis nach China verbreitete, würde letztlich letztlich vor
allem dort überdauern, wo sie als Staatsreligion aufgezwungen und so über Generationen zum Standard wurde. Uneinigkeiten und Abspaltungen führten zu vielen brutalen und kriegerischen
Ereignissen.
Zudem kommt dieses Konzept eines vollkommen liebenden Gottes nicht ohne die Eigenschaft des Gotteszorns aus: was auch immer geschieht, Gott meint es gut. Gleichzeitig bestraft er (oft ohne erkennbaren Anlass) die von Grund auf als schuldig bezeichneten Menschen und als Kollateralschaden allem Anschein nach auch unschuldige Kinder, Mitmenschen, Tiere und Pflanzen.
Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es
nicht:
Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
Oder er kann es und will es nicht:
Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
Oder er will es nicht und kann es nicht:
Dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
Oder er will es und kann es, was allein für Gott
ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?
(Oder Gott existiert nicht.)
Theodizee - der Gotteswiderspruch
Mit Skeptizismus, Epikureismus, Stoa und religiöser Metaphysik bestanden 4 Strömungen, denen die Menschen während weit über 1000 Jahren kaum etwas hinzuzufügen wussten.
...und nichts wurde gut
Schliesslich bewahrheitete sich im Verlaufe der Jahrhunderte die skeptische Philosophie: kein einziges, noch so verheissungsvolles Lebensgestaltungskonzept erwies (und erweist sich bis heute) in der Breite als positiv wirkungsvoll, auch wenn es noch so logisch formuliert oder noch so gut oder religiös angedacht und gemeint ist.
"Liebe mehr" (Christentum oder moderne Spiritualität), "Lebe massvoll" (Stoa) "Erfreu dich des Lebens in Bescheidenheit" (Epikureismus) oder "urteile vorsichtig und lebe entsprechend zurückhaltend" (Skeptizismus) führen weder einzeln noch kombiniert zu anhaltendem Wohlsein, weder in weltlicher noch in religiöser Praxis, weder individuell noch regional. Weder als Aufforderung noch als Vorsatz noch als Verheissung vermögen sie der menschlich individuellen und gesellschaftlichen Natur gerecht zu werden.
Individuelles Unwohlsein sowie Uneinigkeiten und Streitigkeiten, Ressourcenmangel und ungleiche Ressourcenverteilung, weltliche und religiöse Machtkämpfe und Kriegshandlungen bestimmten und bestimmen nach wie vor das Geschehen, sowohl im Kleinen als auch im Grossen.
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Von Sokrates begründetes, von den antiken Skeptikern geprüftes und bestätigtes, bis heute nicht erreichbares Wissen bezüglich Prinzipien menschlichen Handelns, die zum individuellen und/oder gemeinsamen Guten führen. Wer heute behauptet, es sei am Besserwerden, verkennt
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Man kann Schlussfolgerungen zur Kenntnis nehmen und sie für glaubhaft halten. Dabei handelt es sich nicht um ein fundiertes Überprüfen. Man hat solches Wissen nicht selber erarbeitet, jederzeit können Zweifel aufkommen.
Sowohl die akademische Schule als auch die pyrrhonische Schule haben während mehreren Generationen über viele Jahrzehnte die Grenzen des damals Wissbaren erforscht und sind zu sehr ähnlichen Ergebnissen gelangt. Insofern kann deren Denkarbeit und Schlussfolgern als grundsätzlich glaubhaft betrachtet werden.
Wer allerdings nur oberflächlich die Schlussfolgerung zur Kenntnis nimmt, hat weder im Denken noch im Empfinden alle wichtigen Aspekte durchforscht, hat nicht die selbe Gewissheit.
So war es späteren Philosophen oder auch Lebenshilfeanbietern nicht nur freigestellt sondern durchaus auch möglich, eigene, viel weniger gründlich durchdachte Thesen und Alternativen in den Raum zu stellen.
Auch heute ist es jederzeit möglich, wenig durchdachte, wenig fundierte, aber logisch klingende Behauptungen zu äussern. Je populärer sie wirken und umso kurzfristiger sie umsetzbar scheinen, desto mehr Zuhörer und Anhänger erhalten sie (z.B. falsche Zukunftsverheissungen oder Heilungsversprechungen bei eigentlichen Placebo-Effekten). Als nachhaltig, ganzheitlich, wissenschaftlich und wahr erweisen sich solche Behauptungen in der Regel nicht. Die Menschheitsgeschichte ist gefüllt mit für wahr gehaltenen Behauptungen oder Konzepten, die sich nicht nachhaltig bewährten.
Wahr ist, was einer umfassenden, ganzheitlichen Prüfung standhält und sich auch über einen langen Zeitraum ganzheitlich bewahrheitet.
Seit Anbeginn der Menschheit wurde echtes Wissen gefunden, beschleunigt in der Antike und erneut beschleunigt in der Neuzeit.
Sogar die Existenz oder die eigene Existenz kann angezweifelt werden. Man bilde dazu ganz einfach den simplen gedanklichen Satz "ich kann nicht sicher sein, dass ich existiere".
Auch diese Fragestellung wurde von der Philosophie inzwischen untersucht: man kann alles anzweifeln, ausser die Tatsache, dass man zweifelt - also existiert man.
Grundfragen des Lebens
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Stand heute
Vom bekennenden antiken Skeptiker...
"Ich weis was ist und was funktioniert.
Ich weiss nicht, woraus es besteht und wie es funktioniert."
...zum irrtumsbefreiten modernen Menschen:
"Ich weiss, was ist, woraus es besteht und wie es funktioniert.
Ich weiss, was nicht ist."
Wahrheitsempfindung ist die Ursache von unzähligen Irrtümern. Das Prinzip der Wahrheitsempfindung lautet "Wenn es sich wahr anfühlt, muss es auch wahr sein" bzw. "wenn es sich gut anfühlt, muss es richtig sein".
Dieses Argument wird von vielen Menschen für die eigene Wahrheitsbestätigung verwendet, und zwar gleichermassen von irdischen wich auch religiösen Ideenvertretern, von Esoterikern über die Spassgesellschaft bis hin zu Untätern: "etwas, was sich dermassen richtig anfühlt, muss richtig sein. Ich betrachte es als wahr und handle entsprechend."
Die echte (skeptische, überprüfende) Philosophie hält dem entgegen: die Erde ist nicht flach noch ein ruhendes Zentrum, nur weil es sich wahr anfühlt. Die vier Elemente-Lehre erwies sich ebenso als trügerisch wie viel weiteres, u.a. dass frühzeitlich niedergeschriebene metaphysische Bücher von Gott inspiriert wurden und widerspruchslos wahr sind. Nichts ist zwingend wahr, nur weil es sich als wahr oder richtig anfühlt. Ob etwas wahr ist und sich bewährt, gilt es absolut unabhängig von vermeintlicher Wahrheitsempfindung gründlich zu überprüfen.
Es besteht ein enormer Unterschied zwischen einer raschen Behauptung / Empfindung (Voreingenommenheit) und einer ganzheitlichen Überprüfung mit jahre- oder jahrzehntelangem Forschen.
Real ist eine Unstimmigkeitsempfindung, nicht allerdings eine Wahrheitsempfindung.
Wahrhaftigkeit beinhaltet ein ähnliches Problem wie das Problem beim sokratischen Prinzip (es ist nicht möglich, ausserhalb des eigenen Wissens und Denkvermögens Gedanken zu formulieren.) Wer sich irrt und eine Schlussfolgerung als wahr bezeichnet, ist nicht zwingend unredlich. Auch Sokrates und Aristoteles hatten sich nachweislich geirrt.
Unredlichkeit entsteht erst, wenn jemand bewusst Fakten verfälscht. Zwischen Wahrhaftigkeit und Unredlichkeit befinden sich zudem z.B.
Es handelt sich dabei häufig um durch früher Prägungen verursachte Defizite bzw. fehlende Eigenschaften. Viele Menschen sind davon betroffen. Menschen halten Dinge für wahr, ohne erkennen zu können, dass sie es nicht sind. Je nach Prägung verteidigen sie ihre Überzeugungen mehr oder minder vehement als subjektiv oder als allgemeingültig wahr.
In der heutigen Zeit können wir dank der Arbeit von Tausenden von Forschern und Wissenschaftlern in den meisten Wissensgebieten von einer hohen Datenkorrektheit ausgehen und stellen in diversen Bereichen auch eine relativ hohe, wissenschaftliche Einigkeit fest.
In der Antike, im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit war Datenkorrektheit keine Selbstverständlichkeit. Einzig die Mathematik und damit auch astronomische Berechnungen waren überprüfbar. Was sich geschichtlich wirklich ereignet hatte oder was physikalisch möglich ist, unterlag häufig Legenden, die nicht überprüfbar und damit auch nicht widerlegbar waren.
Ein gutes Beispiel ist die mittelalterliche, international unterschiedliche Datenlage bezüglich Alexander des Grossen, da er auch im Osten eine grosse Bekanntheit besass. Je nach Region (Persien, Arabien, Byzanz, Nordafrika, östliches und westliches Europa) gab es völlig unterschiedliche geschichtliche Auffassungen, oft mythischen und legendenhaften Inhalts.
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Erst im Verlauf der Jahrhunderte wurde in den diversen Wissensgebieten dank wissenschaftlichem Überprüfen und Aussortieren eine Wahrheits- und Realitätsnähe erreicht. Auch diesbezüglich hatte die griechische Antike mit sachlicher Geschichtsschreibung einen neuen und wertvollen Standard geschaffen (u.a. Herodot, ca. 490-430).
Wissen und Datenkorrektheit wird zudem seit wenigen hundert Jahren auch durch die Archäologie sichergestellt.
Begriffe sind in ihrer Deutung oft dehnbar und nicht ganz präzise einschränkbar.
Gewisse Formulierungen sind zum Standard geworden. Sie radikal zu präzisieren ist oder scheint in vielen Bereichen nicht sinnvoll weil nicht notwendig.
Bei präzisen Betrachtungen hingegen, z.B. beim Festlegen von grundlegenden Prinzipien, ist ein sorgfältiges, absolut eindeutiges Formulieren und Definieren von hoher Wichtigkeit.
Zurückhaltung im Vergleich:
Überzeugung / Methode |
Private Haltung |
Häufig gewählte Kommunikation |
Öffentliches und politisches Engagement |
umfassendes Prüfen |
Ich anerkenne, dass
ich nicht weiss, was zu Wohlsein führt. |
Wer die Dinge und das Wissbare ebenso gründlich überprüfen möchte, kann dies tun. |
Wir wissen nicht, welches öffentliche oder politische Handeln zu Harmonie führt. Wir halten uns zurück. |
Bedürfnis- betonung |
Ich glaube zu wissen, dass eine ausbalancierte Bedürfnisbefriedigung zu Wohlsein führt. |
Macht es mir/uns nach: werdet mit unserer Methode glücklich. |
Wir halten uns zurück, da ein öffentliches Engagement unser individuelles Ausgeglichensein beeinträchtigt. |
Mässigung |
Ich glaube zu wissen, dass Mässigung zu Wohlsein führt. |
Macht es mir/uns nach: Seid besonnen und engagiert euch euren Fähigkeiten entsprechend. |
Wir glauben zu wissen, dass unsere Beispielhaftigkeit zusammen mit Engagement die Welt verbessert. |
Religion |
Ich glaube, dass Glaube und ein entsprechend striktes Verhalten zu Wohlsein und Heil führt. |
Glaubt, und es wird überall besser (oder ihr werdet grosses Leid erfahren, im Leben und nach dem Tod). |
Wir sind überzeugt, dass Glaubensverbreitung die Welt verbessert. Wir beeinflussen sowohl die Öffentlichkeit als auch die Politik. |
Spiritualität und Esoterik |
Ich glaube, dass fremde Mächte und eigene Geisteskraft genutzt werden sollen um zu Wohlsein und Heil zu gelangen. |
Macht es mir/uns nach: mit unseren Methoden findet ihr Wohlsein und Heil. |
In Anbetracht der geistigen Mächte bedarf es eines öffentlichen Mittuns nicht. Wir wirken von zu Hause aus oder bilden Kreisgemeinschaften. |
Auch Mischformen führen nicht zu einer Ergebnisverbesserung - man betrachte den heutigen Zustand der Welt und der Menschen, sowie die Tendenzen.
Wer an eine Verbesserungsmöglichkeit der Welt glaubt, versucht seine Nächsten zu verändern, engagiert sich allenfalls öffentlich und überzeugt andere.
Dies ist das Resultat der skeptischen (jahrzehntelang überprüfenden) Philosophie: man verändere nur das Veränderbare. Alles andere gilt es mit einer bestmöglichen inneren Gelassenheit anzunehmen, wie es ist.
Solange ein Mensch von irrtümlichen Prinzipien ausgeht, entsteht weder eine eigene stabile Lebensverbesserung noch eine nachhaltig bessere Welt.
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