Wendepunkt Intelligenz

Es gibt einen entscheidenden Moment im Verlauf der menschlichen Evolution. An diesem Wendepunkt veränderte sich sowohl das Verhalten als auch die Weiterentwicklung des Genoms. 

Distanzierung von den Instinkten und Verhaltensveränderung

Fortschreitende Intelligenz verursachte ein zunehmendes gedankliches Dominieren menschlichen Handelns. Neu setzten sich analytische Entscheidungen über die instinktiven Impulse hinweg. Menschen vermochten nun "anders zu handeln".

  • Einerseits führte ein solches neues Verhalten nachweislich zu einem Überlebens- und damit Fortpflanzungsvorteil. Die Spezies konnte sich stark vermehren und ausbreiten.
  • Andererseits führte das Übergehen der bis anhin koordinierten, instinktiven Impulse zu einer abwechselnden Unstimmigkeit, zu besonders tollen wie auch zu höchst unguten Gefühlen. Erwartungen, Hoffnungen und Freude wichen immer wieder Unsicherheiten, Ängsten, Verletzungen, Spaltungen und dadurch notwendig werdenden Vorsorgemassnahmen.

Seither müssen sich die Menschen kümmern, schützen und die Zukunft planen. Sie müssen sich auch der Vergangenheit gewahr bleiben, u.a. um Fehler nicht zu wiederholen oder um sich vor anderen zu schützen, z.B. vor Übergriffen, einer kaum mehr berechenbaren Hinterlist oder vor Racheaktionen.

 

Instinktdominierten Tieren sind Handlungen der intelligenzdominierten Menschen nicht möglich.
Instinktdominierten Tieren sind Handlungen der intelligenzdominierten Menschen nicht möglich.

 

Während die Intelligenz das Verhalten veränderte, überging sie instinktives Verhalten und das damit verbundene Wohl- und Natürlichsein. Eine grosse Zahl von Regeln begann die instinktiven Aktionen und Reaktionen zu ersetzen. U.a. entstanden sowohl übersteigerte Autorität als auch übersteigerte Angst.

 

Im besten Fall sind menschliche Aktionen und Reaktionen noch instinktnah oder instinktverwandt.

  • Schon kleinen Kindern gegenüber veränderte sich z.B. natürliches Hierarchieverhalten in eine oftmals nahezu alles betreffende, absolute Autorität.
  • Gleichzeitig schränkt natürliches Schutzverhalten in übersteigerter Anwendung das natürliche Entfalten der Kinder drastisch ein. Schon lange bevor Kleinkinder irgend etwas davon verstehen können, wird z.B. ihr Bewegungs- und Erforschungsdrang in einer mit unnatürlichen Gefahren versehenen Umwelt (Tischkanten, Herdplatten, Strassenverkehr usw.) nahezu unentwegt eingeschränkt und blockiert.
  • Aus Überlebensnotwendigkeit blieb das natürliche "Wir" von genetisch verbundenen Gruppen unter patriarchalischer Autorität lange aufrechterhalten.
    Inzwischen löst sich diese im Ansatz noch natürliche Alltagsgemeinschaft in Anbetracht von nicht mehr vorhandenen Versorgungsengpässen auf. Dabei sind Familienspaltungen und die Tendenz zu Kleinstfamilien genau so wenig natürlich wie die vorausgegangene Alternative des menschlichen Autoritätsverhaltens und dem Zwang eines unterdrückerischen und daher unfreiwilligen Zusammenseins.

Was als Fortschritt interpretiert wurde (Selbstbestimmungsrecht) erwies sich als eine Symptomverschiebung, eine Veränderung von Fehlverhalten in eine neue, möglich gewordene Richtung mit entsprechenden negativen und ungesunden Konsequenzen:

  • Kleinfamilien
  • Isolation
  • Überforderung der Erwachsenen
  • monotoner Alltag für die Kinder, Kompensationszwang
  • allgemeines Unwohlsein (meistens versteckt oder ausgeblendet und optimistisch beurteilt)
  • oftmals zusätzliche Spaltung durch frühe Ausgrenzung eines Elternteils → Kleinstfamilien, noch grössere Isolation und Unnatürlichkeit, 
  • frühzeitiges Abschieben der Kinder in Kindertagesstätten (Trennungsschmerz und Gespaltensein wird als normal und unvermeidbar interpretiert, als etwas Vorübergehendes ohne anhaltenden Schaden, als etwas womit man umgehen lernen kann)
  • Abschieben der Alten (inzwischen oft freiwillig) in Altersheime, 
  • allseitig und anhaltend entfremdetes Dasein bei multiplem repetitivem Kompensationsdrang ohne nachhaltige Befriedigung bzw. ohne ein erreichbares, anhaltendes Wohlsein.

Individuelle Kompensationsfolgen in Anbetracht der entstandenen Ausweglosigkeit sind belastendes Suchtverhalten (z.B. Drogen, Obesität, Kaufverhalten, Reiseverhalten, virtuelles Herumtummeln) und eine massive Überlastung der Gesundheitseinrichtungen, der kreierten Sozialsysteme und der Umwelt. 

 

 

Einfluss auf die genetische Weiterentwicklung

Entscheidend und bezeichnend ist, dass sich die genetische Evolution seit diesem einige Millionen Jahre zurückliegenden Zeitpunkt nicht mehr ganzheitlich fortsetzte.

 

Bis dahin war jede körperliche, organische und instinktive Mutation und Anpassung mit einem körperlichen, positiven Rückmeldemechanismus einhergegangen: dem Gefühl von "instinktiv richtig".

 

Die Empfindung "instinktiv falsch" gab es bis dahin gar nicht: als Tiere handelten unsere frühen Vorfahren optionslos instinktiv. Es gab keine Alternative. Daher ist in der Natur kein "richtig oder falsch" feststellbar.

 

Seither spaltete sich nicht nur das Dasein in ein empfindungsmässiges und gedankliches "richtig und falsch" auf. Auch die Evolution richtete sich in hohem Mass nach dem hauptsächlichen Überlebens- und Fortpflanzungsvorteil: dem Intelligenterwerden.

  

Die grosse Veränderung wurde zwar zum Vorteil für die Populationsgrösse und deren Verbreitung, nicht allerdings zum Vorteil des individuellen Wohlbefindens und des Zustands der sozialen und globalen Mitwelt.
Die grosse Veränderung wurde zwar zum Vorteil für die Populationsgrösse und deren Verbreitung, nicht allerdings zum Vorteil des individuellen Wohlbefindens und des Zustands der sozialen und globalen Mitwelt.

 

Egal mit was für schlimmen Handlungen, verbunden mit was für schlimmen Gefühlen bei sich und anderen: es pflanzten sich jene Individuen fort, bei denen Mutationen zu mehr Intelligenz führten (und nicht zu mehr Mitgefühl, Wohlwollen, Besinnung oder Harmoniestreben).

 

Das Intelligenterwerden wurde nahezu zum einzigen Hauptmassstab der Evolution, begleitet von diversen körperlichen Veränderungen, die den Intelligenten beim Überleben und Fortpflanzen dienten, so z.B. der aufrechte Gang für eine bessere Übersicht auf die Umgebung und die Fähigkeit anhaltenden Rennens für eine erfolgreichere Jagd auf Beutetiere.

 

Die meisten Sinne verschärften sich nicht mehr, denn zusammen mit der Intelligenz genügten sie für den Überlebens- und Fortpflanzungsvorteil (Seh-, Hör-, Geruchs- und Geschmacksinn). Einzig der Tastsinn dürfte sich verbessert haben, da er zusammen mit der Entwicklung der Hände und Handfertigkeit bedeutsam wurde.

Die Füsse hingegen verloren an Fertigkeit. Sie dienen seit dem aufrechten Gang zusehends nur noch zum Auftreten und Gehen.

 

Diverse genetische Mutationen fanden zwar statt, so z.B. bezüglich Hautfarbe und Gesichtszüge, hatten aber keine relevanten Bedeutungen, waren im Zusammenhang mit dem intelligenten Handeln von untergeordneter Bedeutung bis hin zu bedeutungslos.

 

  

Die wesentlichen Mutationen im Verlauf der vergangenen 5 - 10 Millionen Jahre: wachsendes Hirnvolumen, erhöhte Übersicht, Beinlänge und Enthaarung mit der Fähigkeit der Haut, durch Schwitzen bei Anstrengung (Rennen) die Körpertemperatur zu regulieren.
Die wesentlichen Mutationen im Verlauf der vergangenen 5 - 10 Millionen Jahre: wachsendes Hirnvolumen, erhöhte Übersicht, Beinlänge und Enthaarung mit der Fähigkeit der Haut, durch Schwitzen bei Anstrengung (Rennen) die Körpertemperatur zu regulieren.
Sichtbare, beiläufige, wenig bedeutungsvolle Mutationen während der letzten ca. 100'000 Jahre
Sichtbare, beiläufige, wenig bedeutungsvolle Mutationen während der letzten ca. 100'000 Jahre
Veränderung von Haut- und Haarfarbe: nicht überall führte ein Leben im hohen Norden zu Hellhäutigkeit. Unwesentliche, zufällige Mutationen ohne Dringlichkeit, ohne zwingend notwendigen Überlebensvorteil.
Veränderung von Haut- und Haarfarbe: nicht überall führte ein Leben im hohen Norden zu Hellhäutigkeit. Unwesentliche, zufällige Mutationen ohne Dringlichkeit, ohne zwingend notwendigen Überlebensvorteil.

 

Zufällig mögen auch einige Instinkte von seither untergeordneter Wichtigkeit über die Jahrhunderttausende abgeflacht und sogar weggefallen sein. Alles in allem blieb der Grossteil unserer Instinkte allerdings mehr oder minder auf dem Stand der Zeit vor dem Intelligentwerden. In der Zwischenzeit ist die evolutionäre Unterscheidung der Menschen nahezu zum Stillstand gekommen. Die Menschen leben zu vernetzt. Eine neue Gattung kann nur entstehen, wenn sich eine Gesellschaft abspaltet und während Hunderttausenden von Jahren gesondert entwickelt.

 

Somit ist der ursprünglich instinktive Zustand, der vor dem Intelligentwerden bestand, mehr oder minder weiterhin unsere Natur, gilt es weiterhin dort unsere Natürlichkeit und Ausgewogenheit zu suchen, zu finden und zu leben.

Der Grund hierfür ist einfach: dort befindet sich unser natürliches Wohlsein, welches durch intelligentes Handeln ständig im Schwanken ist.

 

Weil Wohlsein das Ziel ist, ist die eigene Natürlichkeit das Ziel. Das Denken darf diese Zurückfindung höchstens begleiten.

 

Unsere Verwandten entsprechen ihrer Natur und leben ausnahmslos ohne Künstlichkeit und ohne Vergangenheits- oder Zukunftsbelastungen im Jetzt.
Unsere Verwandten entsprechen ihrer Natur und leben ausnahmslos ohne Künstlichkeit und ohne Vergangenheits- oder Zukunftsbelastungen im Jetzt.

 

Wir leben heute einen ganz anderen Alltag, als es unserer Natur entspräche. Dies wird beim Betrachten unserer nächsten Verwandten (Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang-Utans) unmittelbar offensichtlich, auch wenn sich bei diesen unterschiedliche Gemeinschaftsformen und ein unterschiedliches Hierarchie- und Fortpflanzungsverhalten entwickelte. Deren Alltag ist geruhsam und sich wiederholend grossmehrheitlich banal. Sie brauchen nicht viel und ihr gegenseitiges ständiges Dasein ist selbstverständlich.

Menschenaffen verbringen ca. einen Drittel ihrer Tageszeit mit Ausruhen und Nichtstun - etwas was Menschen wegen der grundlegenden Unstimmigkeit und Gespaltenheit unmöglich fallen würde. Die Menschen sind ausser Ruhe geraten. Sie kompensieren mit Hyperaktivität, versuchen von einem kurzzeitigen Wohlgefühl zum nächsten zu gelangen und müssen sich in Hyperadministration verstricken - alles bis zur Übersättigung und/oder Erschöpfung, sei es am Tagesende oder nach einem längerem Zeitraum (z.B. sichtbar ungesunden Gewichtszunahmen oder Depressionen/Burnouts).

 

Zurück zur Natürlichkeit bedeutet weder zurück zu Unwissenheit oder gar Dummheit noch zurück in den Wald oder in die Savanne. Natürlichkeit und Intelligenz sind einerseits gleichzeitig zu wahren, andererseits sind sie in hohem Mass ortsunabhängig.

  • Wichtig ist ein realistisch organisierbares, sorgloses Dasein im Jetzt unter möglichst unaufwändiger Wahrung der weiterhin vorhandenen genetisch geprägten Grundbedürfnisse:
    • Selbsterhaltung (Wasser, Nahrung, Körpertemperatur, geschützter Lebensraum)
    • Gesellschaft (stabile Beziehungen und ein Zusammenwirken in einer mittelgrossen hierarchischen, falls möglich genetisch gebundenen Gruppen)
    • Fortpflanzung und Schutz des Nachwuchses (letztlich Arterhaltung)
  • Was mit Sicherheit nicht in das menschengerechte Dasein gehört sind neben Sorgen, Kummer und Bedenken
    • Aufmerksamkeitsdefizit (beginnend bei Kleinstfamilie und Isolation, endend im Altersheim unter Fremden),
    • sowie das diesbezügliche Kompensieren durch Hyperaktivität, in welcher unnatürlichen Form auch immer.
Nicht bedürfnisgerechtes Gehandhabtwerden sowie Aufmerksamkeitsdefizit vom ersten bis zum letzten Tag
Nicht bedürfnisgerechtes Gehandhabtwerden sowie Aufmerksamkeitsdefizit vom ersten bis zum letzten Tag
Hyperaktivität, Hyperkompensation und Hyperkonsum, nicht nur als individuelles Lebensmodell sondern als nahezu global unangefochtenes Weltbild in allen Wohlstandskreisen sowie als anzustrebendes Ziel in nahezu allen noch armen Schichten.
Hyperaktivität, Hyperkompensation und Hyperkonsum, nicht nur als individuelles Lebensmodell sondern als nahezu global unangefochtenes Weltbild in allen Wohlstandskreisen sowie als anzustrebendes Ziel in nahezu allen noch armen Schichten.

 

 

Die Problemlösung ist offensichtlich: sie, liegt in der Natur, in unserer Natürlichkeit.

Isolation überfordert. Es braucht im Alltag ununterbrochen eine genügend grosse, zusammengehörende Gruppe.

Erwachsene brauchen sozialen Austausch und Unterstützung beim Grossziehen des Nachwuchses..

Junge brauchen die ununterbrochene Anwesenheit der Gruppe für die natürliche Vielfalt beim Aufwachsen. 

Unsere Verwandten kennen keine Langeweile. Zusammensein genügt.

 

Natürliche Genügsamkeit ist den Menschen fremd geworden. Im Internet findet man nahezu alles und ein Bild zu allem - nicht allerdings ein Bild zum natürlichsten menschlichen Dasein: Menschen die in mittelgrossen Gruppen genügsam und gemeinsam den gesamten Alltag verbringen, sich geduldig in eine Hierarchie eingliedern, die ohne Extravaganz und ohne drastische Sanktionen, Manipulationen und Überreaktionen für einander da sind, sich umeinander kümmern und gemeinsam Junge grossziehen.

 

 Während Millionen von Jahren als Natur und natürlich eingeprägt: alltägliches, allstündliches Zusammensein. Dieses ist seit dem Wendepunkt Intelligenz ausnahmslos überschattet von Konflikten und unnatürlichem (übersteigertem, kopflastigem) Autoritätsgebahren.

 

Was heute individuell und global beobachtbar ist, ist u.a. die Folge eines entstandenen naiven Eigensinns, der die eigene Natur, das körperliche, genetische Programm und die Instinkte weitgehend ausser Acht lässt. Entsprechend wurde vielfältig verfälschtes Verhalten zur Normalität.

 

Mit ihrer Hyperaktivität im Aussen stören und verletzen die erwachsenen Menschen ihre natürliche innere Ruhe und vernachlässigen dabei ihre Nächsten. Je länger desto häufiger leben die Menschen getrennt von den meisten ihrer Nächsten.
Mit ihrer Hyperaktivität im Aussen stören und verletzen die erwachsenen Menschen ihre natürliche innere Ruhe und vernachlässigen dabei ihre Nächsten. Je länger desto häufiger leben die Menschen getrennt von den meisten ihrer Nächsten.

 

Ein zu nachhaltigem Wohlsein und Handeln führender Eigensinn ist ein ganz anderer. Dieser Schritt von naivem zu intelligentem, natürlichem Eigensinn ist noch zu tätigen.

 

 

 


 

Für die Intelligenz ist es sehr einfach, diese Zusammenhänge und Schlussfolgerungen als folgerichtig zu erkennen.

 

Die Veränderung bzw. eine Korrektur hingegen ist anspruchsvoll. Die Menschen befinden sich in einem Dilemma:

  • Genau das, was ihr Überleben sichert, ist auch das, was ihr Unwohlsein verursacht: ihre Intelligenz, ihr auf Gedanken basierendes Handeln.
  • Denken, analysieren und umsetzen, genau das, was die Menschen besonders gut können, schadet ihnen sowohl im Kleinen als auch im Grossen und führt nicht zu einer nachhaltigen Optimierung ihres Wohlseins.